Ran an die Online-Tools?! – Learnings aus dem Corona-Digitalisierungsschub

Geben wir es zu: Den Digitalisierungsschub, den unsere Meetings, Seminare und Supervisionen im letzten Jahr durchlaufen mussten, sind wir nicht nur mit Freude und Leichtigkeit begegnet. Die kollektiven digitalen Lernprozesse, die wir mit einander und Klient:innen durchlaufen haben, waren lehrreich und vielfältig. Ein paar unserer Learnings und offenen Fragen möchten wir gern teilen:

Gemeinsam. Kollaboratives Arbeit funktioniert auch digital. Manchmal sogar besser.

Im Frühsommer 2020 starteten wir unter unseren Klient:innen eine Umfrage: Wie hat sich die Zusammenarbeit im Team mit den digitalen Treffen verändert? Überraschenderweise berichteten viele unserer Gesprächspartner:innen von sehr effizienten Team-Meetings, die durch den digitalen Raum klar definiert und auf Inhalte ausgerichtet waren. Für Klient:innen aus dem sozialen oder Bildungsbereich eine teilweise sehr neue Erfahrung. Und auch wir wollen Hilfsmittel à la Miro & Co nicht mehr missen! Einzelne Stimmen berichteten aber auch davon, dass es im Team (noch) keine Praxis für einen emotionalen Austausch gebe. Also einen Austausch darüber, wie es Einzelnen in der Zusammenarbeit geht, wie sie mit Arbeitspaketen im Home Office jonglieren, wie sie Home Office, Home Schooling und Home Work unter einen Hut bekommen.

Gefühle. Vertrauen in einen emotionalen digitalen Austausch muss erlernt werden.

Diesen emotionalen Austausch mussten einige Teams erst lernen. Wir hörten dankbare Stimmen, die von der solidarischen Haltung im Team z.B. gegenüber vom Lockdown betroffenen Eltern berichteten. Und wir hörten Enttäuschungen darüber, dass Konflikte nicht angesprochen werden konnten, weil sich Meeting an Meeting reihte und die Kaffeepausen zum schnellen Austausch fehlten. Das Entwickeln passender (digitaler) Begegnungs-Formate in dieser emotionalen Durststreckenzeit war in den letzten Monaten ein sehr häufiges Thema in unseren Beratungssitzungen.

Geduldsprobe. Die Sehnsucht nach direkter Begegnung ist ungebrochen.

Dennoch ersetzen alle noch so innovativen Formen und Tools der Zusammenarbeit nicht die direkte Begegnung mit Kolleg:innen. Der nicht terminierte, spontane Austausch war der häufigste Wermutstropfen, den Teammitglieder in den vergangenen Monaten in Bezug auf die Zusammenarbeit benannten. Die Ungeduld war spürbar in vielen Teamsupervisionen und äußerte sich mehr als einmal in einer gereizten Grundstimmung. Das Benennen und gemeinsame Betrauern schafften oft etwas Linderung. Und daraus konnte dann wieder Zuversicht entstehen. Besonders herausfordernd ist die Situation für neue Teammitglieder, die erst während der Pandemie zum Team dazu kamen. Sie in das Team einzubinden, braucht viel Sensibilität, Umsicht und ein Extra an Aufmerksamkeit in fordernden und sehr schnelllebigen Zeiten. Hut ab vor den Teams, in denen dieses Extra einen Raum bekommt!

Gender. Für manche braucht es Mut, sich die technischen Tools zu erschließen. Doch Online-Empowerment lohnt sich!

Wie gehe ich mit dem neuen Konferenztool um? Was ist ein Miro/Mural/…-Board und wie sorge ich dafür, dass sich nicht ständig alles verschiebt? Was mache ich, wenn die Internetverbindung sich mitten im Seminar gerade mal wieder eine Auszeit gönnt? Manche Personen reagieren auf solche Fragen gelassen. Bei anderen sorgen sie für Schweißausbrüche. Ein Aspekt, den wir in den letzten Monaten immer stärker betrachtet haben, ist die Gender-Verteilung in Bezug auf die Nutzung technischer Tools. Und stellten (nicht sehr überrascht) fest: Für viele Frauen braucht es großen Mut, sich mit den technischen Möglichkeiten der Zusammenarbeit auseinanderzusetzen und sich in ihnen Zuhause zu fühlen. Und sie auch dann anzuwenden, wenn der Teamkollege damit vielleicht schneller wäre.

Ein besonderes Anliegen war es uns, Frauen zu ermutigen, sich von diesen Tools nicht abschrecken zu lassen, sondern sie sich anzueignen und sie zu nutzen. Die Nutzung von Technik ist schließlich keine Frage des Geschlechts, sondern etwas, das wir lernen können. Und wir lernen leichter, wenn das Umfeld fehlerfreundlich und unterstützend ist. So wurde das Coaching von Frauen zum Nutzen von digitalen Tools in der Zusammenarbeit und Seminararbeit zu einem Herzensthema von uns und wir freuen uns mit unseren Klientinnen über die Lernschritte und jede gelungene Veranstaltung.

Welche Learnings und Erfahrungen haben Sie mit der digitalen Zusammenarbeit in den letzten Monaten gemacht?

Welches Fazit ziehen Sie für sich und Ihr Team?

Was wollen Sie davon beibehalten, auch wenn analoge Treffen nun immer möglicher werden?

von Bea Tholen

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